heimat

Die Wellen der Erinnerungen kommen ganz von selbst, ich fahre durch die dunkle
Stadt, Gesichter tauchen auf, Gesichter zu denen ich die Namen nicht mehr
kenne. Bei anderen fallen mir die Namen wieder ein. Da vorne in der Wohnung im
Erdgeschoss habe ich Kaviar und Schampus vom Körper einer eigentlich viel zu
alten Frau zu mir genommen … meist morgens. Da vorne an der Ecke habe ich das
zu junge Mädchen geküsst. Ein paar Strassen weiter, hörte ich den Satz _ Jetzt
kannst du auch mit reinkommen_ nachdem zögerlich der erste Kuss getauscht
wurde. Da oben unterm Dach, weinte ich mir die Seele aus dem Leib und wollte
nicht mehr weiter machen. Einige Strassen weiter Lebte einmal ein Freund, der
diese Welt zu früh verlassen hat. Da in der Kneipe die jetzt anders heißt
haben wir uns immer getroffen, als ich im Laden nebenan arbeitete … Morgens
bin ich oft nach langen Nächten über diese Strasse gelaufen, einige Zeit mit
einer Frau um die mich alle beneideten … da in dem Biergarten, haben viele
Lieben angefangen, aber auch geendet … Hier, also da vorne links habe ich mal
eine Nacht mit zwei Studentinnen verbracht … da vorne auf dem Parkplatz,
direkt neben der Disco habe ich feststellen müssen das flapsige Bemerkungen
auch mal ernst genommen werden können. Siehst du den See da hinten ?
Vollmondnächte habe ich dort verbracht, alleine … aber auch allein zu zweit.
Da hinten in der Biegung des Flusses haben wir früher immer Feuer gemacht und
sind dann Nachts quer durch die Stadt gelaufen. Die Tanke da, die früher mal
zu einem anderen Konzern gehörte, war immer unser Treffpunkt. Da auf dem
Hänger haben wir uns getroffen, Bier getrunken, Musik aus dem Ghettoblaster
gehört und dann da hinten im Wald, dem kleinen Park da ist ein Schwimmbad, da
waren wir oft Nachts … Siehst du da vorne die Brücke, da bin ich verprügelt
worden weil ich Punk war … und da vorne an der Ecke habe ich dann einem einen
Zahn ausgeschlagen … und da hinten am Bunker hab ich mich dann versteckt, weil
sich seine Kumpels rächen wollten. Der Waschsalon, da wurde philosophiert,
Lebensgeschichten gehört und sehr merkwürdige Gestalten waren da, ich war ja
selbst oft da. Immer mehr Gesichter aus der Vergangenheit tauchen auf, nur
durch Strassenschilder, Wegweisern, Kneipen, Geschäfte hervorgerufen … Vom
Auto zur Fuß weiter, da vorne der Italiener, da haben wir nicht nur gegessen,
sondern auch gekauft … Die Gesichter aus der Vergangenheit verblassen, die
Stimmung liegt in der Strasse, auf der Strasse … im vorbeilaufen werde ich
gegrüßt, einmal, zweimal … aus einer Kneipe wird mir zugewunken. Ein fragender
Blick ob ich noch auf ein Bier reinkommen will … da das Kino, wie oft war hier
mein erstes mal gemeinsames Kino ? Der Brunnen, so oft war er Treffpunkt.
Sitze und warte am Brunnen und ein Gesicht aus der Vergangenheit die noch
weiter zurückliegt taucht auf, wird zu einem Gesicht der Gegenwart und ist
wieder in meinem Leben … Man trifft sich immer zweimal im Leben, muss sich
dann nur sehen und offen sein.

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